Dirk Otto, Leiter der RealFM-Programmkommission und des Arbeitskreises Betrieb und Instandhaltung des RealFM e.V., Geschäftsführer der Gegenbauer Facility Management GmbH, beantwortet diese Frage mit einem klaren “Nein!” und begründet dies folgendermaßen:
Bevor ich diese kritische Einschätzung begründe und einen Blick auf die Zukunft der Instandhaltung von Immobilien werfe, schauen wir doch erst einmal in die Vergangenheit. RealFM, der Berufsverband für Real Estate und Facility Manager, der Branchenvertreter und Meinungsbildner in Sachen Corporate Management und Management von Immobilien-, Workplace- und Sekundärprozessen, hat seit mehr als zehn Jahren und mit beachtlichem Erfolg das Thema innovative Instandhaltungsstrategien entwickelt und fortgeschrieben. Heute sind Modelle wie Service-Level-Agreements, Dienstleistungssteuerung oder Funktions- und Leistungsmodell anerkannt und im Arbeitsleben angekommen.
Und zumindest theoretisch sind wir bereits einige Schritte weiter: Ein 2011(!) erarbeitetes und 2017 nochmals überarbeitetes Modell zur ergebnisbasierten und sicheren Instandhaltung stellt erstmals konkret und konzeptionell greifbar einen wirklichen neuen Ansatz zur Umsetzung von Instandhaltungsmaßnamen vor. Verifiziert durch eine Vielzahl von Anwendern ist dieses umsetzungsreife, plausible Zukunftskonzept zur Optimierung der Instandhaltungskosten nun seit über einem Jahr fertig. Die einfache Idee dahinter: Nur das tun, was technisch und normativ sinnvoll und angebracht ist. Und das Ganze auch nur dann, wenn es notwendig ist. Ein Beispiel: Der Zeitpunkt der Wartung und die durchzuführenden Tätigkeiten richten sich ausschließlich nach dem tatsächlichen Verschleiß, der Nutzungsdauer oder anderen individuellen Parametern. Das klingt zunächst einfach! Das Problem ist nur: Die Branche konnte diese Vorgehensweise bislang nicht praktisch anwenden, die Umsetzung dieses Ansatzes funktioniert nicht.
Warum nicht? Eigentlich klingt doch alles wirklich logisch und
einfach. Unüberschaubar viele “Start-ups” verfolgen mittels Sensorik,
künstlicher Intelligenz, Big Data oder anderen Ansätzen genau die
gleichen Strategieansätze zur Steuerung der Instandhaltung. Wir nennen
das heute „Predictive Maintenance“ und finden es manchmal disruptiv – in
jedem Fall finden wir es mega. Welche Probleme lösen wir mit den Ideen
der „Start-ups“ jedoch ebenfalls nicht? Exakt die gleichen, die auch in
den letzten Jahren schon da waren und deren Ursprünge in einer völlig
anderen Sphäre liegen. Nämlich in unserer Bürokratie, unseren
konservativen vertraglichen Mustern und vermeintlich etablierten, in
Wahrheit jedoch einfach nur veralteten Steuerungsmodellen.
Worin liegen die Probleme nun im Einzelnen?
- Konservative Vertrags- und Abrechnungsmodelle widersprechen diametral der Idee einer flexiblen Leistungserbringung.
- Vertraglich fixierte Leistungen sind mit Blick auf Ausführungszeitpunkt und -intensität leichter kontrollierbar als flexibel (und bedarfsgerecht) erbrachte.
- Schwankungen im Budget von Betriebskosten müssen dem Mieter oder Vorgesetzten erklärt werden.
- Periodisch schwankende Leistungen sind schwieriger umlagefähig
- Flexibel erbrachte Leistungen preislich vergleichbar zu machen, gestaltet sich anspruchsvoller und muss konzeptionell hinterlegt werden und
- Ausschreibungen und Konzepte für „Predictive Maintenance“ sind Neuland, „Kopiervorlagen“ fehlen.
Nochmal zurück zu den Chancen der Digitalisierung. Sensorisch bestückte und online überwachte Anlagen und Bauteile ermitteln über Datenpools für sich selbst notwendige und punktgenaue Instandhaltungsmaßnahmen, so die Promoter der Technologien. Das funktioniert wahrscheinlich soweit. Doch mit welchen Antworten überwinden wir die oben beschriebenen organisatorischen und vertraglichen Hemmnisse? Hierzu gilt es Lösungen zu finden. Das Interesse der Branche ist mittlerweile riesig. Hunderte Leitfäden zur Instandhaltung des RealFM e.V. wurden gelesen, tausende Zuhörer bei Referaten und Vorträge haben die Perspektiven wohlwollend zur Kenntnis genommen und eine Vielzahl von Schulungsteilnehmern hat sich in den letzten Monaten zu diesem Thema weitergebildet oder zumindest tiefergehend informiert.
Sind wir dann nun endlich bereit für die digitalisiert Instandhaltung? Nochmals: Nein! Denn die Gründe, an denen die Umsetzung bislang scheiterte und die weder technischer noch fachlicher Natur sind, sie sind noch immer da. Sie liegen in den administrativen und organisatorischen Standards der Branche. Sie liegen in der Art und Weise der Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien und in der unzureichenden Innovationsfähigkeit der beteiligten Personen und Organisationen. Vielleicht auch im mangelnden Vertrauen?
Fest steht: die digitalisierte Instandhaltung wird nur dann gelingen, wenn wir gemeinsam diese Blockaden und Widerstände überwinden. Alles andere wäre weder gut für die Entwicklung der Branche noch würde es den unzähligen exzellenten Fach- und Führungskräften im Real Estate und Facility Management gerecht. Auf geht’s, lassen Sie uns jetzt wirklich digital werden und nicht nur darüber reden. Die Lösungsansätze liegen bereits anwendungsbereit auf dem Tisch.
Dieser Text wird mit freundlicher Genehmigung des Autors Dirk Otto veröffentlicht.
Dieser Artikel erschien gleichlautend auch im Magazin “Der Facility Manager”, Juli/August 2018 (S. 6/7).
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